
Iran – Tagebuch
Im Jahr 2015 reiste ich für zwei Wochen mit zwei Freunden durch den Iran, ein Land, das ich Touristen sehr empfehlen kann. Damals führte ich einen kleinen Chat in dem ich Tageseindrücke an Daheimgebliebene berichtete. Sämtliche dieser Zeilen wurden auf einem kleinen Tastenhandy geschrieben und dann hochgeladen. Für Rechtschreibung gibt es daher keine Garantie. Dennoch, für Interessierte anbei ein Teil davon:
18.10
Heute war ein langer Tag. Zuerst mussten wir uns endlich für eine Route entscheiden für unsere weitere Reise und dann Geld wechseln und Tickets kaufen. Wer hätte gewusst,dass wir hier kein Geld abheben könnten, vor allem wenn ich meine Karte bei meiner Bank für den Iran freischalten habe lassen? Logisch aber wenn man bedenkt, dass es ja sowas wie ein Embargo gibt.. unsere ersten zwei Stunden nach dem Frühstück beschäftigten wir uns jedenfalls mit Herumfahren und Leute fragen bis wir alles erledigt hatten, dann fuhren wir noch zum Niavaran Palast in dem der letzte Schah gelebt hatte. Ich gebe hier noch ein paar Fotos dazu. Viel Zeit habe ich nicht, wir sitzen gerade im Taxi nachhause und Felix unterhaltet den Fahrer. Oder er uns. Es ist unser fünfter Fahrer heute schon. Zwei davon konnten Turkmenisch bzw ein wenig Türkisch. Sowieso wollen sich viele Leute mit uns unterhalten,fragen woher wir kommen, erklären uns Sachen. Die Mädchen im Reisebüro wollten sogar ein Foto mit uns. Eigentlich fühlen wir uns sehr wohl und das Kopftuch ist auch ok die paarmal wenn uns das Tuch hinunterrutschte ist auch nichts passiert. Es ist nun kurz nach sechs, um sieben müssen wir schon los zum Bahhof. Der Bruder von Y., einem früheren Mitbewohner von mir aus Wien, will uns zum Bahnhof bringen. Von dort aus wollen wir mit dem Nachtzug nach Yazd. Wir freuen uns schon aus der Riesenstadt rauszukommen, weg von dem Abgasgestank und dem Verkehr.. Teheran ist sicher eine schöne Stadt was manches angeht, der Park am Nachmittag war jedenfalls das Angenehmste bisher…
19.10
Salam aus Yazd! Wir haben eine relativ gemutliche Zugreise hinter uns und sind heut Morgen nach der Ankunft schon zwei Stunden durch die Stadt gewandert… es ist eine Wustenstadt mit vielen alten Lehmhausern und hier sind wirklich die meisten Frauen ganz schwarz. Ich habe euch heute Nacht im Zug schon einen ganz langen Text geschrieben der mal wieder verschwunden ist… muss noch eine bessere Lösung finden. Hier mal paar Fotos, wir starten nach einem längeren Mittagsschlaf wieder hinaus weiter entdecken…
21.10
Guten Morgen aus Isfahan! Seit gestern Abend sind wir hier und haben eine spannende Busreise mit zwei Polizeikontrollen, netten Gespraechen und einem Besuch der Polizeitoilette hinter uns. Letzteres aufgrund der Verspaetung ohne Pausen, was nach fast funf Stunden Fahrt leicht laestig ist, nur waren wir uns nicht klar, dass wir damit auch einige Leute im Bus stressten, die sich um uns Sorgen machten – wer geht schon freiwillig in eine Polizeistation hinein? Sagt auch etwas daruber aus, wie die Polizei hier gesehen wird. Mich nervte allein die Arroganz der Maenner in Uniform, die unsere Paesse sehen wollten und bloede Fragen stellten, so dass ich wuetend umdrehte und losging, was eindeutig richtig war, da sie uns dann einliessen. Nach meinen Erfahrungen in der Türkei habe ich einfach keine Lust mehr mich bloed anmachen zu lassen. Ich kann nun nach einer Nacht in einem geteilten Zugabteil mit fremden Maennern auch den Besuch einer ‚unisex‘-Toilette im Iran auf meine Liste geben. Felix meinte, es gaebe wohl keine weiblichen Polizisten.. der Grund warum der Bus das zweite Mal aufgehalten worden war, war uebrigens die Tatsache, dass in der ersten Reihe Frauen sassen, was scheinbar verboten ist. Marjam, unsere Englischuebersetzerin und selbsternannte Beschuetzerin auf der Fahrt, erklaerte uns das, und meinte es waere wie viele Vorschriften sinnlos, aber eben einzuhalten. Darueber und vieles anderes koennte ich noch viel schreiben… aber gerade sitzen wir im Hostel und unterhalten uns mit einem Gast aus Kashmir, der uns über die politische Situation dort aufklärt, dann wollen wir in die Stadt. Ich hoffe dass das Internet spaeter funktioniert, gestern Abend war es nicht willig.. schoenen Tag euch, see ya!
21.10_Abend
Salam! Bevor ich über den heutigen Tag schreibe, hier noch ein Nachtrag von gestern. In Yazd waren wir nämlich noch im Wassermuseum. Die Stadt hatte jahrhundertelang ein überaus effizientes Bewaesserungssystem in sehr tief gelegenen unterirdischen Tunneln. Diese sind überaus eng und für Klaustrophobiker ungeeignet. Das Netz ist kilometerlang und heute nur noch historisch zu sehen, aus dem Grund dass der Grundwasserspiegel mittlerweile stark gesunken ist. Das Museum war das alte Haus eines früheren Geschaeftsmannes wie man uns erzaehlte, überaus luxurios eingerichtet. Gegen drei Stocke mit einem Raum mit Wasserbecken unter der Erde im Tiefgeschoss mit Tageslicht von ganz oben, für heisse Tage, haette ich auch nichts. Wieso haben die Haeuser in Wien sowas nicht? Ueberhaupt fand ich das System mehr unterirdisch zu bauen und lebenswert zu wohnen sehr logisch. Allein das Kuehlen der Temperatur ist viel leichter und natuerlicher als in ewig grossen Hochbauten.
Ansonsten war der heutige Tag gefuellt mit Konversationen ueber den Islam, Vorurteile und schlussendlich ueber kulturell bedingte Vorstellungen ueber Liebe und Romantik. Interessant fuer uns war die Konfrontation unserer iranischen Freundin M., die wie gestern im Bus kennenlernten (die uns vehement davon abhielt mit anderen zu reden/beschuetzte/eifersuechtig war, wer weiss) und unseres indisch/kaschmir Freundes S.der ebenfalls gerade durch das Land reist, beide Muslime aber mit unterschiedlichen Erfahrungen und Herangehensweisen.. leicht geschockt waren wir auch, M.heute ohne ihre schwarze Ganzkoerperbekleidung zu sehen. Nur mit einem grauen Mantel und einem Kopftuch das die halbe Zeit hinunterrutscht, war sie zuerst nicht wiederzuerkennen. Bekleidung und so ist ein eigenes Thema fuers naechste Mal. Morgen muessen wir frueh raus endlich Tickets fuer den Bus besorgen, jetzt bei den Erinnerungszeremonien und dem kommenden Ashurefestes funktioniert vieles im Land etwas anders..
22.10
Hey! Was für ein Tag! Wir haben ein Minarett bestiegen! Sahid, unser Begleiter aus Kashmir, faedelte das ein. Wir mussten ein wenig verhandeln und wurden dann durch eine schwindlig, enge Wendeltreppe mit Taubenmist und Lehmstaub nach oben gelotst. Sahid bekam Platzangst und ging zurueck, was mir half meine Angst zu ueberwinden und doch hochzusteigen. Die Aussicht war ueberwaeltigend, danach schuettelte es mich doch noch eine Weile.
Danach wanderten wir weiter durch die Gassen, angeblich ein juedisches Viertel. Arbeiter luden uns auf einen Tee ein – den wir tranken, zwei der anderen rauchten Morphium wie sie uns erklaerten. Meine Mannerschnitten beruehrten sie erst nach einer Weile. Nach Otrisch wollen sie auf jeden Fall mal kommen. Sonst wanderten wir verloren durch den Bazar, bekletterten alte zerstoerte Häuser und nach dem Essen gab ich mich mit Safranzucker einen Zuckerschock. Ich haette noch immer gerne mehr 🙂 jetzt beginnt langsam alles zu schliessen. Die letzten Trauertage sind frei, die Geschaefte bleiben zu. Die Strassen werden immer ausgestorbener, der Himmel ist bedeckt, es ist kuehl, leicht windig, es wird wohl regnen. Auch die Natur scheint mitzutrauern. Ich schliesse nun erstmal, wir bummeln nun die letzten Stunden vor unserer Abfahrt weiter und sehen was die Stadt noch zu bieten hat. Ich melde/mich, see ya!
23.10
Salam! Waehrend ich beginne euch diese Zeilen zu schreiben, sitzen wir im Bus nach Rasht. Wir haben unsere erste Nacht in einem VIP Bus hinter uns. Ja, die heissen wirklich so! Die Lehnen sind verstellbar, es gibt Fussablagen und ein Steward bringt Frühstück. Das Ganze ist für rund 7 Euro doch sehr annehmbar.
Gestern Abend sind wir noch eine Weile durch Isfahan gewandert. An einigen Ecken gab es Staende wo im Zuge der Trauerfeierlichkeiten entweder Tee, Kekse, Datteln und bei einem Stand sogar Suppe ausgegeben wurden. Betrieben werden diese von Freiwilligen, einige von Shopbesitzern die vor ihrem Geschaeft austeilen lassen. Die Idee dahinter ist, das Leid, was die Menschen in der Geschichte um Emam Hussain erleben mussten, ihre Hungersnot und den schlussendlichen Tod durch die Soldaten der Gegner, etwas auszugleichen, wieder gut zu machen. Vor zwei Tagen hatten wir in der grossen Moschee sogar eine Art Theatrvorfuehrung gehabt. Der Mann, der die verschiedenen Charaktere dargestellt hatte, entschuldigte sich danach – er waere nicht so gut, schliesslich arbeite er ausserhalb der Tage als Freiwilliger nur als Bueroangestellter.
Insgesamt nahmen wir die Menschen in allen Staedten bisher als sehr freundlich u hilfsbereit war, was sich durch Moharam nur bestaerkte. Neugierig sind wir nun, wie sich die Feiertage im Norden des Landes abbilden, da die Leute im Süden religiös tlw staerker involviert sind bzw anders konfessioniert. Insgesamt dauert die Fahrt von Isfahan dorthin dreizehn Stunden, mit Umsteigen heute morgen in Teheran. Und wir durften das erste Mal erleben, dass es auf der Fahrt eine Pause gab, bisher hiess es stundenlang ohne durchhalten… waehrend ich schreibe, wird die Landschaft neben mir immer gruener, die Berge hoeher. Man sagte uns Rasht und die Landschaft herum waere wie in Europa. Das kommt was einiges betrifft sicher hin. Unser Begleiter aus Kashmir ist mittlerweile in Yazd angekommen. Gestern Abend hatten wir noch intensive Gespräche über die politische Situation in Palästina und Ansichten über eingebildete Freiheit und Entscheidungsmoglichkeiten. Unsere europäisch gepragte Denkweise kollidierte mit seiner erheblich, aber darüber mussten wir uns auch erstmal bewusst werden. Insgesamt war es interessant durch eine iranische Stadt zu wandern, im Fernsehen waren Herrscharren an schwarz eingehuellter Menschen zu sehen die auf Befehl weinen und zugleich Einblicke in Geschehnisse eines ganz anderen Landes mit sehr entgegengesetzter Lage zu bekommen. Wie unterschiedlich die Probleme und und Sorgen unserer Gesellschaften sind. Er war überrascht, als wir die Umwelt und der Wunsch nach Bioessen und vegane Ernährung als Alltagsthema bei uns nannten, nie wäre es ihm in den Sinn gekommen darüber nachzudenken. Sayid war jahrelang als Kriminalreporter in Delhi taetig und erzaehlte uns auch viel von der Gewalt vor Ort, die Problematik des indischen Kastensystems und die Konsequenzen die daraus erfolgen. Sowohl er wie auch wir fuehlen uns dagegen im Iran aeusserst wohl, noch nie haben wir uns um unsere Sicherheit sorgen muessen. Ich lasse meine Tasche beim Gehen offen, auf den Strassen werden wir ausser einem freundlichen Hello nie bloed angemacht, niemand wuerde offen oder versteckt auf uns zukommen und uns beklauen. Jede einzelne Person der ich erzählte ich würde in den Iran fahren, sagte mir ich solle auf mich aufpassen. Dabei kenne ich mehr Fälle von Leuten, die in Italien oder Spanien beklaut wurden. Veronika sprach von einem gewissen Respektabstand der hier herrscht, einem gegenseitig auf sich Aufpassen. Anders als in der Türkei zum Beispiel, wurden wir Frauen noch nie bloed angesprochen, von Begrapschen ganz zu schweigen. Die meisten Männer geben uns beim Begrussen und Verabschieden nicht einmal die Hand. Nicht aus Abscheu, allein aus Achtung unserer Privatspaehre. Zumindest ich habe es bisher so empfunden. Ein echtes Laecheln reicht mir auch. Als eine Deutsche die wir im Bus nach Isfahan trafen, mitten in der Nacht unterwegs umsteigen musste, wartete unser Fahrer und ein paar andere Personen halfen ihr ein Taxi zu organisieren. Ein Mann hinter mir fragte uns extra was das Maeedchen wolle, er koenne Englisch und wolle helfen. In Oesterreich waere sie wohl auf sich allein gestellt gewesen, egal wie gering ihre Sprach- und Ortskenntnisse. Klar, wir sind Auslaender, wir sind Touristen. Viele sagten uns, sie wuerden sich freuen, dass wir hier waeren. Dass wir spaeter zuhause sagen wuerden, sie wären nicht alle gefährliche Terroristen. Sie wissen um viele Vorurteile bei uns Bescheid und wollen dem entgegentreten. Immer wieder kommen Menschen auf uns zu und stellen Fragen. Wollen wissen woher wir kommen, was wir hier machen, was wir schon gesehen haben. Ob wir das Land schön fänden. Leute lächeln uns zu, manche wollen mit uns Fotos machen. Man fuehlt sich fast ein wenig populaer, wenn waehrend dem Essen Menschen aus vorbeifahrenden Autos Hello rufen und winken. Im Iran sind Touristen vielerorts doch noch rar und besonders. Anders als zu Beginn in der Türkei haben wir auch weniger das Gefühl finanziell betrogen zu werden. Ja, wir muessen in Museen einen hoeheren Eintritt zahlen. Aber die paar Euro mehr sind schon in Ordnung, die Iraner verdienen ja auch deutlich weniger. Also Sicherheit? Ist gegeben. Die Kleiderordnung ist ein anderes Thema. Aber dazu ein ander Mal mehr.. P.S.: der Fairness halber muss natuerlich noch erwaehnt werden, dass im Iran ein autoritaeres Regime herrscht. Quasi Meinungsfreiheit gegen Sicherheit. Als Veronika vor acht Jahren allein durch Syrien reiste, war das auch noch kein Problem..
23.10_2
Wir sind mittlerweile gut in Furman, nahe bei Rasht angekommen. Wir besuchen die Schwester eines Freundes und deren Familie. Sie haben zwei Buben von sechs und zwölf Jahren. Beide können schon ein wenig Englisch, der Ältere sogar recht gut und auch ein wenig Türkisch. Mit S., der Mutter, koennen wir Türkisch sprechen. Sie ist mit Aseri aufgewachsen, was dem Türkischen sehr ähnlich ist, außerdem lebte sie in der Türkei. Ihr Mann kann dafur besser Englisch als sie, versteht aber auch ein wenig Aseri. Beim Mittagessen herrschte dann ein Sprachengewirr von Englisch, Persisch und Türkisch. Später fuhren wir dann rund eine Stunde mit dem Auto ans Meer. bis in die 1970er war das Dorf dort noch ein Magnet für auch westliche Touristen gewesen, nach dem Umsturz blieben sie fern. Es war schon dunkler Abend, ausser spazieren konnten wir nicht viel machen, aber wir lernten noch weitere Verwandte dort kennen, die über die Feiertage auf Familienbesuch waren. Nun sind wir wieder im Haus, werden bald Abendessen. Morgen muessen wir früh raus, mal sehen wie lange es noch wird heute. Unsere Gastgeber wollten jedenfalls mit uns anstossen – mit Alkohol natürlich. Bis bald!
24.10
Salam! Ich habe heute das erste Mal Tee gesehen! Und wir waren in einem echt unglaublich gebauten Dorf, wo jedes Haus auf dem anderen steht. So ungefaehr. Und den Abend schlossen wir mit Mojitos und x-Box Spielen. Ich habe das erste Mal in meinem Leben haushoch beim Bowling gewonnen 😉 und danach hiess es nach Angaben des Bildschirmes zu Latinohits wie Suave, Bailamos und LaBoma tanzen. Was man halt so macht im Iran 😉 Nicht einmal den Eltern war es zu bloed mitzumachen. Heute war unser erster Familientag im Iran. Auch wenn es keine tradtionelle Familie sein mag, wir bekommen dennoch viele Einblicke in vieles was wir in einem Hotel nie sehen könnten. Die Buben sind sehr lieb und hilfsbereit und wir lernen immer wieder ein paar persische Wörter. Die Eltern kuemmern sich sehr um ihre Bildung. A., der Ältere, hat zweimal die Woche privaten Englischunterricht und beide lernen ein Instrument. Für den Kleinen ist es das erste Mal mit nicht-farsisprechenden Menschen und er spricht permanent Persisch mit uns und versteht nicht ganz dass wir keine Ahnung haben was er uns so erzaehlt. A. ist aeussert geduldig und schreibt uns immer wieder etwas auf wenn wir wissen wollen wie es geschrieben wird. Mit der Zeit werden mir die Buchstaben vertrauter, aber es fehlt noch viel 🙂 Vero und ich haben uns P.’s Schulbuch genauer angesehen, was sehr viel versteckte Propaganda enthaelt. Chameini ist ebenso immer wieder abgebildet, wie dass die Mütter sogar zuhause brav ein Kopftuch tragen.
Kopftuch
im Iran ist Kopftuchpflicht, egal welche Konfession frau hat. Hautenge Kleidung sollte es auch nicht sein, die Korperfrom soll so gut als möglich nicht zu sehen sein. Und überhaupt am besten wenig Haut. Kurzer Rock ginge bei der Hitze daher auch nicht, aber einige Mädchen tragen eine knielange Tunika mit Leggings darunter, das geht wohl schon. Überhaupt is das mit dem Kopftuch so eine Sache. Bei Touristen sind sie nicht so streng, aber ein Tuch muss schon sein. In Ämtern und Schulen muessen Frauen eine Art Nonnenhaube in Schwarz tragen, so wie die Studentinnen. Sonst ist ein locker am Haupt liegender Schal auch in Ordnung, farbig kann er auch sein. Einige Mädchen lassen es auch darauf ankommen und haben den Stoff nur minimal am Hinterkopf, so dass es von vorne so wirkt als hätten sie gar keinen. Über eines der Mädchen die wir vor ein paar Tagen trafen, machte sich ihre Freundin lustig, die sagte sie vergesse immer wieder mal, dass sie im Iran sei, und hätte das Tuch sehr oft bloss auf den Schultern. Sie hatte auch Piercings und wirkte mit ihrer Gesamterscheinung als wuerde sie ganz woanders als im Iran leben. Das Kopftuch an sich, sagt in diesem Land wie Veronika sagte, anders als bei uns wirklich gar nichts ueber die Konfession der Traegerin aus. Jede Frau muss eines tragen, egal ob katholisch, zarathustrisch oder atheistisch. Allein die Art des Tragens und die Farbe des Tuches kann über den Charakter und unter Umstaenden über die Religion ein bisschen erzaehlen, wie bei den Zaratusrtrern in Yazd. Aber auch die Ganzkorperbedeckung der Studentinnen ist ohne Aussagekraft, wie wir bei dem Mädchen in Isfahan lernten. Zuerst in Schwarz, sahen wir sie am nächsten Tag ganz anders. In Teheran sah ich Mädchen mit bunten Shirts unter den Mänteln, eine sogar mit Totenkopf. Und eine Frau trug sogar bunte Leggins. Gut geschminkt sind dafür viele. Ander als bei uns, bleibt oft nur das Gesicht um sich Individualitaet und Attraktivitatet zu geben. Genervt vom Tuchzwang sind alle Frauen mit denen wir mehr zu tun hatten, jedoch gehören diese zu einer eigenen Bildungsschicht. Was Frauen in kleinen Dörfern weit weg von allem im allgemeinen darüber denken, weiss ich nicht. Wir Europaeerinnen finden es einfach laestig in manchen Momenten, wie wenn ich Im Hostel beim Aufstehen am Weg ins Bad sofort an diese Pflicht denken muss oder als wir im Zug in unserem Abteil sassen und später schliefen und unter uns fremde Männer. Da stellten wir uns ernsthaft die Frage, wie so eine Situation möglich war und wie wir damit umzugehen hatten. Aber dazu ein ander Mal mehr. Hinzufügen darf ich aber noch, dass Männer zwar Tshirts, aber immerhin auch keine kurze Hose tragen dürfen. Fast sowas wir Gleichnichtberechtigung 😉
25.10
Heute waren wir im Dschungel! Die Leute hier nennen es so. Einfach erklaert heisst Wald auf Persisch einfach „dshangäl“ ist, aber ein wenig erinnerten viele der alten mit Moos bewachsenen Bäume schon daran.
Der Morgen begann etwas stressig. Nachdem ich die Gelegenheit nutzen wollte bis zur letztmoeglichen Sekunde zu schlafen und auch lieber aufs Fruehstueck verzichtete, wurde mir zehn Minuten vor geplanter Abfahrt mitgeteilt, dass es längst Aufstehzeit sei. Meine genervte Antwort es waere doch erst neun Uhr wurde mehr oder weniger ignoriert. Bis am Abend hatte ich keine Erklärung dafuer warum mich mein Handy auf einmal im Stich gelassen hatte,bis ich im Internet sah, dass ihr in Europa Zeitumstellung hattet und die moderne Technik mich netterweise gleich in das Ereignis miteingebunden hatte. Hier im Iran sind wir aber gerade nicht davon betroffen, hier ist das schon im September geschehen. Dagegen hat anscheinend die Türkei beschlossen aufgrund der kommenden Neuwahlen die Umstellung zwei Wochen nach hinten zu verschieben, was erklären könnte, warum Turkish Airlines mir vor meiner Abfahrt eine mysteriose Nachricht darueber sendete, dass mein Rueckflug ueber Istanbul nun ploetzlich eine Stunde laenger dauern wird, als der Hinflug… unabhängig davon hatten wir heute einen langen Wandertag hinauf zu einer alten Festung. Uns wurden zweitausend Stufen angekündigt, und genauso fühlte es sich an. Es war ein wenig ungewohnt mitten im Wald am Wegrand kleine Hütten zu sehen, wo Menschen Essen und Trinken verkauften, die kleinen Teehaeuschen am Bach waren jedenfalls sehr charmant. Es war sehr heiss, ich wünschte mir sehr meine Tunika gegen ein Tshirt und eine kurze Hose eintauschen zu können… wir begegneten auch einem alten Ehepaar aus Holland, die seit zwei Monaten die Seidenstrasse entlang reisen. Sie waren wahnsinnig flott unterwegs und kletterten ebenso wie wir fast bis auf die Spitze der Mauer kletterten. Ich hoffe ich bin auch noch so fit wenn ich alt bin 🙂
Bezuglich dem Ashurefest habe ich hier noch einen guten Artikel wenn wer will – http://religion.orf.at/m/stories/2560463/ wir dachten das Trommeln und Trauern waere mit gestern vorbei, aber dem ist nicht so. Der Monat Muharram (der erste Monat des islamischen Kalenders) wird wie uns erklärt wurde bis zum Schluss mit den Trauerfeierlichkeiten gefüllt, also werde ich die Phase der vielen schwarzen Kleider und Fahnen im Land diesmal nicht erleben.
hier jetz noch ein paar Bilder von heute. Bis bald!
26.10
Seit heute Abend sind wir nun wieder in Teheran. Da Taebris zu weit entfernt war, haben wir uns dazu entschieden, uns doch wieder in die chaotische Stadt zu wagen. F. fliegt Donnerstagfrueh wieder nach Dtl. zurueck und das Geld wird langsam knapp. Die nicht vorhandene Moglichkeit welches einfach aus dem Automaten zu erhalten, schraenkt trotz der niedrigen Preise hier doch ein wenig ein.
Gestern Abend haben wir unseren Gastgebern noch ein ‚typisch‘ deutsch-oesterreichisches Essen gemacht: Gemusepfanne mit Schafskaese und Ei und harten Kaiserschmarrn mit Rosinen und Apfelmus. Ich werde mir wohl nie merken, dass man das Eiklar vorher schlagen muss.. dafür habe ich meine Hand leicht verbrannt, weil ich mir anscheinend nicht merken kann, dass Pfannen heiss sind. Jedenfalls fanden sie das Essen geniessbar und interessant und zumindest von der Hauptspeise wurde nachgenommen.
R., der Vater war erst nach zehn zum Abendessen da. Er verlaesst um zehn Uhr vormittags das Haus, ist dann von ca zwei bis vier daheim auf Pause und macht dann wieder weiter. Als Zahnarzt mit eigener Praxis kann er sich die Zeit selbst einteilen. Sein kleiner Sohn will einmal in seine Fussstapfen treten, wahrend der Ältere Schönheitschirurg werden möchte, so wie sein Onkel. Arbeit wäre für ihn genug da. Im Iran lassen sich viele Frauen die Nase machen oder andere Eingriffe am Körper. Das Pflaster auf der Gesichtsmitte wird dann fast stolz getragen, aus den OPs machen sie kein Geheimnis. Ich weiss nicht, wie sich die Umgestaltung des Körpers mit dem Glauben vereinbaren lasst, aber es sind auch die wenigsten unserer bisherigen Gesprächspartner streng religioes gewesen, und wenn wuerde sich wohl wie bei allen Dingen im Leben eine gute Ausrede finden lassen, warum es dafür einen Segen von ganz oben gaebe.
Der Abschied war jedenfalls durchaus ein wenig traurig. So lange waren wir noch nicht an einem Ort gewesenauf dieser Reise und die Familie wuchs uns doch ein wenig ans Herz. Die Gespräche gaben uns viele Einblicke die wir sonst nicht bekommen hätten, was für die Seite der Anderen wohl ebenso galt. Sie waren sehr neugierig was einige Aspekte des Lebens bei uns, wie die Eltern-Kindbeziehung,das durchschnittliche Alter für den Auszug von zuhause, unsere Sicht zu Heirat oder die Unisysteme anbelangt. Auf unsere Frage wie sie es eines Tages bei ihren Kindern halten wollten, waren die Antworten uneins. Wenn es nach dem Vater ginge, sollen sie ‚wie in Europa‘ mit achtzehn ausser Haus und gleich selbstaendig werden und nach Willen der Mutter bleiben sie wohl noch lange unter ihrem Dach… dass wir die vergangenen Tage bei einer Familie und nicht in einem Hotel gewohnt hatten, merkten wir auch an der Menge von Nahrung die uns die Mutter mit auf die Fahrt gab. Ich denke wir können noch morgen davon essen. Anstatt der vielen Kekse und dem Fastfood die Tage davor, wurden wir auch tatsächlich super genaehrt, allerdings fühlt sich mein Bauch insgesamt um viele Kilo schwerer an..
Mit der Familie, hiess es auch Abschied von der Landschaft nehmen. Die unzähligen Bäche, welche durch die Provinz Gilan fliessen und für das unuebersehbare Grün am kaspischen Meer sorgen, verabschiedeten sich in einem grossen See an einem Staudamm, von dem wir später erfahren werden, dass er der größte im Iran ist und bei einem Erdbeben in den 1990ern fast eingesturzt wäre. Die zackingen Berge verwandelten sich auf unserem Weg langsam in sanfte Hügel, die in einer weiten, baumlosen Ebene mündeten, welche in unterschiedlichen Brauntoenen gestreift war. Statt Kühen und Hühnern, welche bei Rasht frei neben der Straße herumgewandert waren, begegneten uns im Oedland vereinzelt Schafherden mit ihren Hirten, bis die Hauptstadt uns wieder ganz in sich aufnahm.
Die nächsten Tage werden wir nun bei uns noch unbekannten Leuten cochsurfen und Teheran erkunden. Ich bin gespannt!
29.10
Salam! Die vergangenen Tage waren vorbei wie im Flug! Auch wenn wir uns ortsmaessig nicht vom Fleck bewegt haben, die Eindruecke liessen die Zeit viel laenger erscheinen, zugleich war glitt sie ohne dass wir es gross verstanden, ploetzlich einfach weg.
An unserem ersten Abend in Teheran wurden wir von unserem neuen Gastgebern direkt in ein Cafe gelotst, dass mit einer Art charmanten Starbucks vergleichbar war und mit der grossen Wand von Buechern, die wie in den meisten dieser Lokale keiner las, einen intellektuellen Touch bekam. Unser Gastgeber M.lud noch A.ein. Beide sind grosse Kletterfans, die ersten die mir im Iran begegneten, von denen es wie es scheint viele hier gibt. A.zaehlte uns auch sogleich alle grossen deutschen und oesterreichischen Kletterer auf, kannte Namen von Bergen bei uns zusammen mit der Hoehe. Seine Begeisterung war riesengross. Seinem Freund M.habe er das Klettern zu verdanken, sieben Kilo habe er abgenommen, nun sei er endlich kraeftig und geistig fitter. Sein Profiblick erkannte spaeter auch sofort, dass mein Rucksack nicht richtig eingestellt war, zack-rums war er wieder gerade. Eigentlich hatte er sich wohl erwartet, wir waeren genauso engestellt wie er. Ob wir nicht alle auch Kletterer seien? Nein? Aber wieso nicht? Das mache doch bei uns jeder! Wieso nicht?! Dabei sei Klettern doch so toll, wir mit unsere Bergen!… Mit Peter Habeler, der mit Reinhold Messner unterwegs war, habe er vor wenigen Monaten sogar ein Interview gefuehrt. Die besten und tollsten Kletterer gaebe es sowieso in Europa, sowieso in Deutschland. Deutschland sei sowieso grossartig. Ob wir auch wuessten, dass wir als Arier verwandt seien? Hitlers Buch habe ja auch so seine wahren Anteile ueber die innere Einstellung zur Welt zb und wie sich Nationen schuetzen koennen vor den unterschiedlichen Interessen… mit Israel und Palaestina durften sich dann die anderen beschaeftigen, ich stieg aus.
Jedenfalls haben wir auch erfahren, dass es auch viele Frauen als Kletterer hier gibt, welche die eine Haelfte der Woche die Hallen benutzen, und die andere Haelfte die Maenner. Es gaebe auch gemischte Hallen, aber ’natuerlich nicht legal – wir sind doch im Iran!‘ Berge gibt es hier auch genug, vom Zentrum aus kann man einige sehen und einige grenzen direkt an Teheran an. Sogar der Schnee darauf konnten wir sehen..
Hinzufuegen muss ich hier auch, dass A. Der Deutschland so toll findet, der eigentlich durch seine Familie schon einige Jahre in anderen Laendern verbracht hatte und manches besser wissen sollte, auch der allererste Mensch im Iran war, der Bescheid wusste, dass Vegetarier kein Huhn essen und was der Unterschied zu Veganern ist bzw dass es diese ueberhaupt auch gibt. Die beiden fuehrten uns sogar zu einem vegetarischen Restaurant, wo Veronika erstmals bei diesem Aufenthalt wirklich alles essen durfte. Das haetten wir uns nicht erwartet.
Heimfahren mussten wir dann etwas kompliziert mit dem Bus, da die U-Bahnen hier um halb zwölf stoppen. Dafuer gingen wir dann dabei am Oel-Ministerium vorbei. Ja sowas gibt es auch hier. Durch die geplante Aufhebung der Sanktionen, erhofft sich das Land gerade einen Aufschwung, den Saudi-Arabien, wie von einigen Gespraechspartnern erwaehnt ein Erzfeind, verhindern will. Wer mehr dazu wissen will, hier: http://orf.at/m/stories/2304994/2305009/
30.10
Waehrend ich diese Zeilen schreibe verbringe ich meine letzten Stunden im Iran. Morgen Frueh kurz vor acht geht mein Flieger nach Istanbul, nach Wien. Wir sitzen in einem Park den wir zufaellig entdeckt haben, in einem Teheraner Tal, fast am Stadtrand. Es regnet und wir haben und in einen kleinen Bungalow gesetzt. In dem Bungalow neben uns hat sich sofort eine Gruppe Jugendlicher niedergelassen und spielt Gitarre und singt. Es sind mehr Maedchen und sie tragen bunte Tuecher. Die Zeit des Muharram ist fast vorbei und in der Freizeit haben sie nun keinen Grund mehr Schwarz zu tragen.
Vor wenigen Stunden waren wir noch bei den Eltern eines Freundes zum Mittagessen eingeladen. Schonvor zwei Tagen waren wir abends dort gewesen. Die Kommunikation gestaltete sich allerdings sehr schwierig. Ihr Tuerkisch ist sehr Aserigefaerbt, Persisch verstehen wir nicht recht und Englisch koennen sie nicht. Es war ein herzlicher, aber auch anstrengender Abend, mit viel, viel gutem Essen (um kurz vor elf) und tuerkischer Arabeskemusik im Fernsehen… heute war ihr Sohn dabei, der gut Englisch kann, dafuer war Felix nicht mehr bei uns. Er ist Donnerstagfrueh abgereist, nicht ohne davor noch am abend seine Kamera in einem Park zu verlieren. Wir bemerkten es spaeter im Bus und es waere wohl in einigen Laendern anders ausgegangen, aber er hatte Glueck. Ein Mann hatte seine Kamera gefunden und anhand der Fotos ihn als Besitzer ausgemacht und ihm bei seiner Rueckkehr in den Park ausgehaendigt. Zwei Wochen Reisefotos gerettet! Seine letzten Stunden verbrachten wir dann bei Freunden einer Freundin, wo wir uns einer hier nicht ganz erwuenschten Zubereitung von seeehr gereiften Trauben widmeten… Vero fuehlte sich dabei sehr unwohl, waehrend unsere Gastgeber durchaus locker damit umgingen. Wobei, als wir die grossen Behaelter aus dem Auto nach oben trugen, waren sie doch sehr schnell und leise… das rote Getraenk war durchaus gut, es hiess aber es wuerde noch etwas nachreifen in den Flaschen in die es später aus dem Plastikbassin gefuellt wurde. Durchaus eine interessante Erfahrung jedenfalls!
Ansonsten haben wir die letzten Tage nicht viel gemacht. Auf einem Basar gewesen, eine Moschee angesehen. Gestern viel geschlafen und am Abend zwei halblegale Kaffeehaeuser besucht, in denen Frauen rauchen duerfen. Wusste ich auch nicht bis dahin, dass ihnen das in der Oeffentlichkeit eigentlich nicht erlaubt ist.
ansonsten verstanden wir, wie sehr der Privatraum hier seine Bedeutung hat, in einem Land in der kein Alkohol und keine Bars zum Tanzen erlaubt sind. Das Cafe schloss kurz nach elf und danach waren wir fast die einzigen Leute auf der Strasse. Ein durchaus sicheres Land, mit Einschraenkungen. Unser Freund aus Kashmir hatte gestern mit einem Freund aus Teheran ein intensives Gespraech, in dem er die Ironie erwaehnte, wie sicher und tatsaechlich frei er sich hier im Vergleich zu seiner Heimat fuehlte, waehrend der andere aus der Enge seines Landes entkommen moechte. Verschiedener koennen Ansichten kaum sein.
Ich gewann in diesen Wochen durchaus viele neue Einsichten und ein wenig wuerde ich gerne noch bleiben. Jetzt muss ich langsam packen und dann schauen wir ma, wie ich meine letzten Stunden hier noch verbringen werde. Ich wuerde euch gerne noch mehr erzaehlen. Vielleicht habe ich später noch einmal Zeit, morgen werde ich den ganzen Tag an Flughäfen verbringen…