
Die lieben Öffis….
Einen wichtigen Teil meines kurzen Korealebens nehmen die öffentlichen Verkehrsmittel ein. Um sich von A nach B zu bewegen reichen auf Dauer die Füsse nicht aus, an Wegen würde es gar nicht scheitern, da sogar Tunnel abgetrennte Fussgängerwege haben. Aber warum nicht mit Bus oder U-Bahn fahren, so geht es ein bisschen schneller. Strassenbahnen gibt es keine, dafür acht unterirdische Linien, die mehrere Endstationen bieten. Genaues Hinschauen vor dem Einsteigen ist daher ratsam, denn das Zurückfahren kann viel Zeit kosten… Und die ist kostbar, denn ewig lauft der Betrieb ja nicht. Die U-Bahnen stellen ihren Betrieb um Mitternacht ein, was mich in einer Grossstadt wie dieser überraschte und schon bei einer Ankunft vor das Problem stellte, nicht mehr auf öffentlichem Wege zu meinem Quartier zu kommen. Damals waren die Emirates Mitarbeiter insofern hilfreich, dass sie aufgrund der Verspätung für alle Betroffenen Busse oder Taxis organisierten. Und ja, die Strassen waren zu dem Zeitpunkt tatsächlich sehr, sehr leer. Untertags sieht das anders aus.
Staus gibt es zu den üblichen Stosszeiten – und mehr. Auch an Sonntagen kann der Weg etwas länger dauern, sofern man nicht mit der U-Bahn unterwegs ist.
Und U-Bahnfahren bietet soviel Musikalisches. Nicht unbedingt das Zischen und Rattern, nein, die Ankunft der Bahn selbst wird melodiös untermalt.
Auch vor der Endhaltestelle, erklingt für die Passagiere ein Triumphmarsch der Sonderklasse
um wohl die vollbrachte Leistung zu betonen. Ist es mitunter auch, schon vom Einsteigen in die 3er Linie in der Innenstadt, bis zur letzten Station, kostete mich eine Dreiviertelstunde. In der Zeit habe ich in Wien mit der gleich nummerierten Linie von Ottakring aus die andere Seite der Stadt erreicht. Um in diesem Fall fair zu sein, Goyang gehört wie erwähnt mittlerweile auch nicht mehr zu Seoul, insofern wurde in der Zeit eine andere Stadt erreicht. Dennoch, die Distanzen hier haben im Europavergleich eine andere Dimension. Bei 10 Millionen Einwohnern auch kein Wunder, auch wenn diese auf engem Raum leben. So nebenbei, es gibt fast ebenso viele junge (15-24), wie alte Menschen (über 65). Die Mehrheit, rund 7,5 Millionen, bewegt sich altersmässig in der Mitte. Und all diese Generationen benutzen immer wieder öffentliche Verkehrsmittel. Sicherheit geht dabei vor, ein doppeltes Schliesssystem durch Trennwände am Bahnsteig verhindern auch hastiges Reinspringen auf letzte Minute. Wieso denn auch, wird schon bald wieder was kommen! Kann das mal wer den Menschen in Wien sagen?
Im Jahr 2016 haben laut Statistik Seoul 2,856,452,000 Menschen die U-Bahn benutzt. Und jeder Mensch der was auf sich zählt hat privat ein Auto das dann am Wochenende für Ausflüge benutzt wird. Am besten in der Stadt, damit das mit den Staus nicht abnimmt…
In der Stadt ist es deswegen nicht unbedingt so laut, da geht es anderswo schon wilder zu. In den Bahnen selbst ist es sogar so leise, da ist es in wiener U-Bahnen laut dagegen. Liegt sicher auch daran, dass die Mehrheit hier mit ihren Handies beschäftigt ist.
Videos ansehen (mit Kopfhörern natürlich), chatten (kakaotalk ist hier sehr beliebt. Wieso whatsapp, wenn es was heimisch gibt?), oder Nachrichten lesen. Bücher habe ich hier kaum gesehen, Zeitungen keine einzige. Scheint wohl was veraltetes zu sein. Was diverse Gratisblätter angeht wohl kein Schaden.
Um sich zu orientieren und den Weg zu finden, gibt es die Möglichkeit Naver zu benutzen. Das 1999 gegründete Unternehmen mit der grassgrünen Schrift im Logo ist hier grösser als Google. Als Suchmaschine wird es mehr benutzt als Google, für Routenoptionen sagt Naver dir gleich bei welcher Station um eine bestimmte Zeit welche Anschlüsse wären und bei welchem Punkt der Station du auf die Bahn warten sollst, um dann beim Aussteigen gleich beim richtigen Aufgang zum richtigen Ausgang kommst. Landkarten, Restauranttipps und Hotelrevues… das kann Naver auch. Alles was Google kann, kann Naver schon lange! Und macht damit viel Geld. Rund 2500 direkt Angestellte und ein Nettoeinkommen von 696 Millionen USD zeugen von Erfolg.
Die Fahrweise ist sehr sanft im Vergleich zu wiener U-Bahnen, Festhalten ist nicht dringend nötig – ganz anders als bei manchen Bussen am Land, wo ich mich mitunter im Sitzen anhalten musste, um nicht nach Vorne zu fliegen. Busse in der Stadt bieten statt Muskeltraining dafür amüsante Werbeeinschaltungen mit meist quietschigen Stimmen. Dass es Werbung sein musste, erkannte ich daran, dass es so nervtötend klang.
Besser wenn möglich bei Reisen aufs Land einen Bus einer Privatfirma nehmen, die bieten auch deutlich mehr Komfort. Viele Menschen reisen damit, davon zeugt die hohe Anzahl von Bussen.
Und die professionellen Wartestationen, die in grossen Städten durchaus einiges bieten. Nicht nur Cafes und WCs. Letztere gibt es sowieso überall in jeder Stadt und auf jedem Wanderweg, natürlich gratis UND sauber. Und sogar mit Familientoiletten… Da kann sich jede europäische Stadt ein Beispiel nehmen. Die Busse dagegen sind meist nur halbvoll. Bringt mehr Platz, umwelttechnisch eher fragwürdig.
Oder sonst nimmt den Zug, ob Schnell- oder Bummelzug, beides annähernd gleich bequem. Und in drei Stunden Expressfahrt lässt sich dabei schon das ganze Land durchqueren… Mit Internet das funktioniert!
Das beste an den öffentlichen Verkehrsmitteln ist jedenfalls die Fahrkarte. Das System funktioniert über ein aufladbares Guthaben, pro Faht würden knapp ein Euro abgezogen, bei Umsteigen innerhalb von einer Stunde ist es bei der zweiten Fahrt mit Karte weniger. Beim Einsteigen wird die Karte an ein Lesegerät gehalten, dass das aktuelle Guthaben anzeigt und in Bussen ertönt dabei ein sanftes „Gamsahamnida – Danke Ihnen“ der nationalen Öffi-Ansagerin. Beim Aussteigen muss dann „ausgecheckt“ werden, leider ohne grosse Worte.
Das tolle an der Karte ist nicht nur, dass sie sowohl in U-Bahnen und Bussen gilt, nein, sie ist sogar im ganzen Land gültig! Ob in Seoul oder Busan, das System ist dasselbe und sogar bei den Bussen am Land kann man gleich auf die Art weiterreisen. Innovativ und praktisch. In einem Land das nur wenig grösser ist als Österreich, durchaus gut durchdacht. Und bei meiner Abreise werde ich die Karte in einem Automaten abgeben und das übrig gebliebene Guthaben zurückerhalten. Gehts noch toller?