Chuseok – koreanisches Erntedankfest

Korea

Chuseok – koreanisches Erntedankfest

Das Chuseokfest ist nach Neujahr für Koreaner das zweitwichtigste Fest. An diesen Tagen wird an die Verstorbenen gedacht und man bedankt sich für die gelungene Ernte. Also kann es als wohl Mischung von Allerheiligen und Erntedankfest gesehen werden. Man erklärte mir, Geschenke in Form von Essen würden zwischen Familien ausgetauscht werden und meinte, es wäre wohl wie Weihnachten. Klang ganz nett der Vergleich, allerdings sind die Ansprüche der Beschenkten bei Weihnachtsfesten durchaus höher und auch scheint der Kommerz das Phänomen noch weniger für sich eingenommen zu haben, als in der vorgeblich friedlichen Weihnachtszeit in christlichen Gefilden. Ein Punkt ist auch, dass sich nicht jedes Individuum verpflichtet sieht Familienmitgliedern etwas zu schenken, sondern die gesamte Gruppe etwas zu schenken hat und nur Essen dabei eine Rolle spielt. Zwar bieten Supermärkte abgepackte Körbe mit besonderen Nahrungsmitteln an, das grosse Blingblang der europäischen und amerikanischen Länder ist nicht erreicht damit. Allein dass die Preise für bestimmte Lebensmittel in diesen Tagen deutlich steigen, bringt Stress mit sich, viele Menschen decken sich zuvor mit allem Wichtigen ein..

In diesen drei Tagen setzt sich der Grossteil des Landes in Bewegung um die Familie zu besuchen – Staus sind vorprogrammiert und Zugtickets schon Monate zuvor ausgebucht…

Ich hatte das Glück diese drei Feiertage mit einer koreanischen Familie zu verbringen und die Tradition direkt mitzuerleben – und auch ohne viel Stau und mit einem halb leeren Bus anzukommen… Meine Freundin S. lud zu ihren Eltern in die Stadt Gwangju ein, wobei ich auch andere Familienmitglieder kennenlernte.

Das Chuseokfest war für mich schon seit Beginn meiner Reise in Korea spürbar. Es gab Werbespots und Plakate. Ein Werbespot, den ich zuerst absolut nicht verstand, war in der U-Bahn zu sehen und zeigt eine junge Familie im Auto. Alle lachen, die Sonne scheint, es geht in die Berge, die Kinder zeichnen. Auf einem Hang bei einem grossen Baum begegnen sie zwei alten Menschen, anscheinend die Grosseltern. Man freut sich, die Kinder laufen auf sie zu. Die Grosseltern betrachten die von den Kindern angefertigen Zeichnungen und lächeln. Schnitt, die Jungfamilie steht von dem Baum und betrachtet andächtig die kleinen Grabsteine im Boden, die Zeichnungen der Kinder darauf. Die Grosseltern sind verschwunden. Cut, Info für irgendetwas. Ich habe noch nicht herausgefunden ob es nicht doch um das tolle Auto geht, oder das Ganze tatsächlich nur ein Glückwünsch für die Feiertage sein soll.

Zurück in Gwangju. Ein Teil des Festes ist Charye ( Erinnerungszeremonie an die Verstorbenen zuhause) und Seongmyo (Besuch der Gräber der Verstorbenen). Dazu kommt wie bei wohl jedem Fest natürlich viel Essen. Als ersten Teil des Festes müsste wohl das tagelange Vorbereiten und Kochen des Hausfrauen gesehen werden. Die Feiertage selbst sind dann wohl recht entspannt dagegen..

Unser erstes Abendessen. Mit dabei Sampyeong, Reisnockerl mit süssem Bohnenmus gefüllt, traditionellerweise nur zu Chuseok zubereitet.

 

 

Charye wird in der Früh ausgeführt. Um kurz vor acht Uhr wurden wir dazugeholt der Zeremonie beizuwohnen. Die kleinen Tischen waren randgefüllt mit dutzenden kleinen Tellerchen voller Essen. Es wurde gebetet – und koreanischer Schnaps ausgeteilt. Je fünf Generationen zurück ist hierbei zu zählen, nur die Elternehepaare, wie Grosseltern, Urgrosseltern usw.,  keine Onkeln oder Tanten etc. Jedes Päarchen bekam jeweils symbolisch Reis und Getränk. Dann wurde kurz gewartet (damit die Geister essen können) und uns Obst gereicht. Auf diese Art ass ich das erste Mal in meinem Leben rohe Edelkastanien (auch als Maroni bekannt). Bis dahin hatte ich gedacht, dass diese roh nicht geniessbar wären…

 

 

 

Viel Obst gehört dazu – die grossen braun grünen rechts sind übrigens Datteln. Im Hingergrund die geschälten Maroni.

 

 

 

 

Auch beim Besuch der Gräber ein paar Stunden später war sujo, also Schnaps, von Bedeutung, je ein Stamperl wurde auf ein Grab geleert. Und dann gabs wieder Obst. So wären die Zeremonien in Kurzform zu beschreiben.

 

Bezüglich der Totenehrung und des Grabbesuches wurden wir aufgeklärt, dass dies eigentlich nur die Familie des Ehemannes betrifft. Die Vorfahren der Ehefrau werden nicht miteinbezogen. Leider war nicht die Zeit herauszufinden, wann die Familie der Frau geehrt wird. Vielleicht nie.
Auch sonst lehrte der Besuch einiges über koreanische Gepflogenheiten, wie das Aufstehen der Anwesenheiten bei Eintritt des Hausherren oder einer anderen älteren Person. Angeblich gilt dies auch für ältere Frauen, aber uns fiel nie auf, dass jemand bei Eintritt der Hausherrin aufgestanden wäre. Dazu braucht es wohl noch mehr Beobachtung.

Grabsteine ähneln den europäisch, christlichen nur wenig. Friedhöfe in dem Sinn gibt es nicht. Jede Familie weiss wo die Gräber zu finden sind – dafür sind diese ja als Erdhügeln geformt, weil wie soll man sonst wissen wo sie sind?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Grabsteine sind selten und nur wohlhabenden oder bekannten Persönlichkeiten bestimmt. Alle anderen wissen wo ihre Vorfahren begraben wurden – und dafür gibt es viele Möglichkeiten! An allen Orten konnte ich bisher Grabhügel finden, mitten neben der Autobahn, in öffentlichen Parks, in Hausgärten, am Berg… Angeblich ist es heutzutage nicht mehr einfach möglich Tote irgendwo beliebig zu bestatten, Pläne für Zusammenlegungen scheint es jedoch auch noch nicht zu geben…

Ansonsten bestanden die Feiertage aus herumliegen und am Handy spielen (die Kinder), einen grossen Park durchwandern (wir in der Zwischenzeit), viel essen und Blumenwiesen, Denkmäler und einen Karaokeladen besuchen (gemeinsam). Bei letzterem waren unsere kleinen Begleiter am begeisterten mit dabei, PSY ist hier ein grosser Held und viele Junge kennen seine Lieder (und coolen Moves) auswendig…

NiNa

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert